Rezension: „Zukunftsorientiertes Stiftungsmanagement.“

Rezension: „Zukunftsorientiertes Stiftungsmanagement.“

27. Februar 2019 Stiftungen 1

Rezension: „Zukunftsorientiertes Stiftungsmanagement. Herausforderungen, Lösungsansätze und Erfolgsbeispiele. Verlag Springer Gabler 2018“. Kürzlich hat der Bundesverband Deutscher Stiftungen die Bilanz-Statistiken aus dem vergangenen Jahr 2018 veröffentlicht. Es existieren demnach 22.743 Stiftungen privaten Rechts in Deutschland, 40% davon haben Probleme mit dem Kapitalerhalt… 554 wurden in 2018 neu gegründet, acht davon im Bereich des Amtes für regionale Landesentwicklung Braunschweig (eigene Recherche). Ungefähr 85 Stiftungen sind bundesweit verschwunden im Jahr 2018 – durch Auflösung, Zulegung oder Zusammenlegung (eigene Recherche).

Für mich immer wieder wichtigster Parameter: Aus der Analyse der Daten von immerhin 4.219 der über 22.700 privat-rechtlichen Stiftungen lässt sich hochrechnen, dass 93 % dieser Stiftungen über ein Vermögen unter der 10 Millionen Euro-Grenze verfügen – nur ca. 1.600 Stiftungen liegen über dieser Marke und haben die Voraussetzung, signifikante Erträge zu erzielen… Die eher kleinen und mittelgroßen Stiftungen stellen also die große Mehrheit im deutschen Stiftungssektor. Und diese haben Probleme – dazu ein Zitat aus einer früheren Rezension zu dieser Publikation von Matthias Daberstiel (Fundraiser-Magazin 5/2018): „Stiftungen schossen bis 2008 wie Pilze aus dem Boden. Meist mit dem Heilsversprechen planbarer und regelmäßiger Einnahmen. Spätestens mit der Finanzkrise ist das Geschichte“. Auch Kollege Kai Dörfner nimmt in seiner Rezension auf fundraising-knigge.de im August 2018 die Mehrheits-Perspektive ein und schreibt: (Zitat gekürzt) „Für 95% der Stiftungen, so möchte ich plakativ behaupten, bringt das Buch keinen Erkenntnisgewinn. Der Sammelband wird, so meine Vermutung, keine Verbreitung bei der Vielzahl der kleinen, mittleren und ehrenamtlich geführten Stiftungen finden. Er wird nicht helfen, das Gros der Stiftungen auf ein höheres professionelles Level zu heben. Denn dafür ist er viel zu abstrakt.“.

Dieser Einschätzung möchte ich gern etwas entgegensetzen – eine eher ermunternde Rezension gerade für kleinere Stiftungen. Der Sammelband trägt den Untertitel „Herausforderungen, Lösungsansätze und Erfolgsbeispiele“ und versammelt 27 Beiträge – bei der Auswahl also war Vielfalt die Maßgabe. Und dies deckt sich ja mit der deutschen Stiftungslandschaft – auch sie ist extrem heterogen hinsichtlich der Stiftungs-Typen, -Formen, -Gestalten und -Inhalte. Ebenso vielfältig ist die bunte Schar der Menschen, die in und mit Stiftungen arbeiten: Ehrenamtliche, Hauptamtliche, Stiftungsmanager, Steuerberater, Juristen, Bänker, Vermögensverwalter, philanthropische Überzeugungstäter, qua Satzung Zwangsverpflichtete und viele mehr. Wo große Vielfalt herrscht, ist der Einzelne gefordert, sorgfältig auszuwählen. Ich möchte diesen Sammelband deshalb vergleichen mit einer Blumenwiese, die den Stiftungsakteur jedweder Provenienz dazu einlädt, zu schauen, zu prüfen und zu pflücken. Ich habe also ein paar besonders pflückenswerte Beitrags-Exemplare herausgesucht…

Allein das Fall-Beispiel der eben nicht großen Hans-Weisser-Stiftung gibt doch eine wunderbare Blaupause für kleine und mittelgroße Stiftungen mit seinen Botschaften: Geht in den Austausch; testet die kooperative Projekt-Entwicklung; arbeitet am Thema Vertrauens-Aufbau… Und natürlich hat auch Andreas Rickert recht, wenn er gerade kleine Stiftungen in der Pflicht sieht, stärker auf die Wirkung ihrer (Förder-)Aktivitäten zu schauen, – oder besser: ihre sinkenden Erträge wirkungsvoller einzusetzen! Über die Lektüre dieses 10-Seiters dann in einem niedrigschwelligen Phineo-Wirkungs-Webinar zu landen, das kann doch nicht schaden für die eigene Zukunft? Auch Peter Kreutter liefert mit seinen Gedanken zur Digitalisierung wertvolle Hinweise für kleine Stiftungen – oder können diese einen Bogen um all‘ das machen, was Digitalisierung bedeutet und ermöglicht? Er formuliert sogar konkrete Handlungsempfehlungen – eine wunderbare Handreichung zur Annäherung an dieses Thema gerade für kleinere Stiftungen.

Der Text von Hans Fleisch sollte gerade von kleinen Stiftungen reflektiert werden – „Fehler“ im Stiftungsmanagement passieren überall, nur die aktive, vorwärtsdenkende Auseinandersetzung damit muss immer wieder stimuliert werden. Ebenso das Thema Fundraising: Stiftungen verfügen grundsätzlich über sehr gute Voraussetzungen dafür (Regionalität, Seriosität) – nur an der Institutional Readiness hapert es noch. Okay, aber lest doch mal rein in den Text der beiden Rasmussen-Damen (Jaana und Wiebke) und lasst Euch davon motivieren, erste eigene Schritte zu gehen. Dieser konzentrierte 16-Seiter erspart Euch das Durcharbeiten der dicken Fundraising-Wälzer, macht aber genauso schlau… Leider nicht wirklich nutzbar für kleinere Stiftungen erscheint mir der Text zum Thema „Nachfolgeszenarien“, das existenziell für sie ist. Dazu wäre ein explizit auf ehrenamtlich geführte Stiftungen zugespitzter Beitrag sehr wichtig und wertvoll gewesen.

Fazit: Es gibt keinen „Welpenschutz“ für kleine und mittelgroße Stiftungen, leider. Auch die vielen Aktiven in diesen philanthropischen Institutionen müssen sich, um zukunftsfähig aufgestellt zu sein, auseinandersetzen mit all‘ den Veränderungen, die längst die Welt beschäftigen. Es gilt also, den Umgang mit der Nullzinsphase in allen Bereichen des Stiftungsmanagements zu erlernen (wirkungsorientierte Anlage des Stiftungsvermögens!). Es gilt, die Möglichkeiten der Digitalisierung zu nutzen. Es gilt, Fundraising zu bedenken und vielleicht zu entdecken für sich. Es gilt, stärker auf die Wirkung der eigenen Projekte zu schauen. Die Nullzinsphase interessiert sich nicht die Bohne dafür, ob ein Ehrenamtlicher drei Stunden in der Woche Zeit hat für „seine Stiftung“, oder ein Hauptamtlicher 55 Stunden – sie und die anderen Transformationen sind längst Status quo und erfordern zukunftsorientiertes Denken und Handeln von jedem Beteiligten. Felix Oldenburg schreibt zurecht, dass es in Zeiten sprudelnder Erträge keinen großen Handlungsdruck gab für Stiftungen – diese Zeiten aber sind wohl vorbei…

 

Eine Antwort

  1. Astrid sagt:

    Wow. Klingt sehr spannend. Vielen Dank für die Buchvorstellung!

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